Psychologe: Terror-Alarm kann zu Panik führen
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Potsdam - Die aktuelle Terrorwarnung kann bei sehr empfindlichen Menschen im Extremfall Panikattacken und körperliche Beschwerden auslösen. Das erklärt der Potsdamer Notfallpsychologe Gerd Reimann.
Reimann: “Das Spektrum an Gedanken, Empfindungen und Gefühlen kann bei den einzelnen Menschen sehr unterschiedlich sein. Es kann von einer resignativen Gelassenheit bis hin zu einer sehr starken Verunsicherung reichen, weil ja die Terrordrohung eine physische Bedrohung beinhaltet. Ganz fatal ist, dass wir keine Handlungsoptionen haben. Wir haben keine Kontrolle über die Situation, weil wir nicht wissen, ob der Terrorangriff überhaupt stattfindet, wann er stattfindet oder wo er stattfindet. Wenn er stattfindet und ich oder meine Familie oder Kollegen zur falschen Zeit am falschen Ort sind, dann kann es uns betreffen und zu Verletzungen, zu Traumata oder zum Tod führen. Diese Information ist schon ordentlich bedrohlich.“
Reimann: “Wenn jemand totale Angst hat, kann es sein, dass diese auch den Körper angreift. Kopf- und Magenschmerzen, Herz-Kreislauf- Störungen und Panikattacken können auftreten. Solchen Menschen würde ich die professionelle Hilfe eines Psychologen empfehlen.“
Terrorangst: Fragen und Antworten
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Reimann: “Bei Kindern habe ich nicht so große Bedenken. Bei ihnen verschiebt sich durch die vielen Informationen aus dem Fernsehen und dem Internet die Grenze zwischen Realität und Irrealität. Sie bekommen heute schon so viele Informationen, dass es sich für sie relativ normal einordnet. Es sei denn, es handelt es sich um ein sensibles, älteres Kind. Die Eltern können diese Kinder unterstützen, in dem sie sich die Zeit nehmen und sich mit ihnen unterhalten. Auf keinen Fall sollten sie die Ängste bagatellisieren. Das Kind muss sich ernst genommen fühlen, dann kann es Vertrauen aufbauen und die Situation gut verarbeiten.“
Reimann: “Das ist schon hart an der Grenze. Man sollte auf keinen Fall in Panik verfallen und einen Generalverdacht gegenüber einer Ethnie aussprechen. Das vergiftet nur die Beziehungen. Aber beobachten würde ich schon. Bei Raubüberfällen sieht man den Tätern beispielsweise meistens vorher schon an, dass sie sehr aufgeregt sind. Ich habe hin und wieder auch mit Menschen zu tun, die auf offener Straße überfallen wurden. Das passiert immer dann, wenn die nicht nach rechts und links geguckt haben oder die Schritte hinter sich nicht bemerkt haben.“
Notfall-Psychologe Gerd Reimann ist auch Geschäftsführer des Vereins "Psychologen über Grenzen".
Interview: Anja Sokolow