Xi besucht Putin: Russland und China stehen „wie ein Fels in der Brandung Seite an Seite“
Kremlchef Putin empfängt in Moskau Chinas Staatschef Xi Jinping in Zeiten des Ukraine-Kriegs. Vor aller Welt wollen die Machthaber ihre Allianz gegen die USA festigen.
- Gastbeitrag: Xi schreibt über „ewige Freundschaft“ zu Russland – und spricht Völkerrecht an
- „Ausgewogene Haltung“: Putin dankt Xi für Chinas Positionierung im Ukraine-Krieg
- Putin trifft sich mit Xi: Verhandlungen zwischen Russland und China sollten „mächtigen Impuls“ geben
Dieser News-Ticker ist beendet. Alle weiteren Neuigkeiten zum Besuch von Xi Jinping in Moskau in unserem aktuellen Ticker.
+++ 8.35 Uhr: Wladimir Putin hat vor dem Russland-Besuch von Chinas Staatschef Xi Jinping den Fokus auf die gemeinsame Rivalität mit den USA gelegt – und dabei seine poetische Ader gefunden. „Inmitten der Wellen und Winde, die über den Planeten fegen“, stehen Russland und China „wie ein Fels in der Brandung Seite an Seite“, schreibt der russische Präsident in einem Artikel für die kommunistische Parteizeitung in China, wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet.
Deutlicher wird Putin, wenn er über den „überholte Dogmen“ und der „schwindende Dominanz“ des kollektiven Westens schreibt. „Die Politik der USA zur gleichzeitigen Abschreckung Russlands und Chinas sowie all derjenigen, die sich dem amerikanischen Diktat nicht beugen, wird immer heftiger und aggressiver“, so Putin.

Xi besucht Putin: Russland und China „erhalten Völkerrecht aufrecht“
Update vom Montag, 20. März 2023, 7.39 Uhr: Wie Wladimir Putin hat auch Chinas Staatschef Xi Jinping vor seinem Russland-Besuch einen Text veröffentlicht, der einen verherrlichenden Blick auf die Beziehung der beiden Nationen wirft. Der Artikel, der unter anderem im Amtsblatt der russischen Regierung, der Rossijskaja gaseta, veröffentlicht wurde, spricht von „ewiger Freundschaft“, „gegenseitigem Respekt“ und „echten Vorteilen für einfache Menschen.“
Gleichzeitig legt Xi den Fokus für einige Zeilen auf die Rolle Chinas und Russlands im globalen System. Dort schreibt er, dass die beiden Staaten die „auf dem Völkerrecht basierende Weltordnung“ sowie die Prinzipien der UN-Charta „fest aufrechterhalten.“ Zu einer Zeit, in der seinem Gastgeber immer wieder Völkerrechtsverletzungen im Ukraine-Krieg vorgeworfen werden, bleibt offen, was Xi hinter verschlossenen Türen zu dem Thema sagen wird.

Putin empfängt Xi: Wie steht es um die Beziehung von Russland und China?
Erstmeldung vom Montag, 20. März 2023, 6.06 Uhr: Moskau/Peking – Ein Zeichen der Stärke oder ein letztes Aufbäumen? Kurz vor dem Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping zeigt sich Kremlchef Wladimir Putin demonstrativ gelassen am Steuer eines Autos in den besetzten Gebieten der Ukraine. Erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs besuchte Putin am Samstag aber nicht nur die Krim zum 9. Jahrestag der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel.
Noch vor der Ankunft von Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping zum dreitägigen Staatsbesuch an diesem Montag fuhr Putin bei seinem Blitz-Besuch auch durch die zerstörte und von russischen Truppen besetzte ukrainische Hafenstadt Mariupol. Der 70-Jährige informierte sich vor Ort wohl über den Wiederaufbau. Doch die Bilder ließen auch Zweifel aufkommen, ob Putins Besuch vielleicht nur ein Fake war. Gleichzeitig sorgte sein Auftreten für reichlich Spekulationen über den Gesundheitszustand des Kremlchefs. Die Videos von seinem Aufenthalt auf der Krim ließen erneut die Frage aufkommen, ob Putin krank sei.
Putin trifft Xi: Russland Kniefall oder Auftakt zu einer gemeinsamen Allianz
Ungeachtet dessen steht nun ein dreitägiger Staatsbesuch in Moskau an. Einer, der Putin, der im Staats-TV selbst Probleme in Russlands Armee eingeräumt hat, wieder Aufwind im festgefahrenen Ukraine-Krieg geben könnte. Denn kein Geringerer als Chinas Staatschef gibt sich die Ehre. Dieser hat sich für seine erste Auslandsreise seit Beginn seiner dritten Amtszeit Russland als Ziel ausgesucht hat. Putin trifft also auf Xi und die Weltöffentlichkeit schaut gebannt zu.
Putin, der am Freitag per Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine vom Internationalen Strafgericht in Den Haag zur Fahndung ausgeschrieben wurde, kommt der Zeitpunkt der seit langem geplanten Visite mehr als gelegen. Durch den Besuch von Xi in Russland, der wie der Kremlchef den USA eine Schlüsselrolle im Ukraine-Krieg zuschiebt, erhält der russische Präsident die Möglichkeit einer Inszenierung, die zeigt, dass die internationale Isolation seines Landes nichts weiter als ein Märchen ist.
Gleichzeitig könnte der strauchelnde Putin darauf hoffen, dass ihm im Ukraine-Krieg vom mächtigen Freund der Rücken gestärkt und eine Allianz geschmiedet wird, die dem Westen Paroli bietet. Putin selbst, bei dem laut einem Geheimdienster die „Suche nach einem Nachfolger“ in den eigenen Reihen bereits läuft, könnte ein positiver Ausgang des Treffens mit Xi wieder mehr Rückhalt in den eigenen Reihen geben.
Xi besucht Putin: Russlands Medien jubeln – „Eine Sensation, China zeigt, auf welcher Seite es steht.“
Im eigenen Land jubeln die russischen Medien vorab den Besuch von Xi bei Putin wie einen Sieg. „Ein Symbolbesuch. Eine Zeremonie“, feiert die Moskowskij Komsomoljez die Visite als glasklare Geste der Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg. „Eine Sensation, China zeigt, auf welcher Seite es steht.“
China selbst will keineswegs so weit gehen. Man beziehe zur Ukraine eine „objektive Position“, die Kooperation mit Russland richte sich nicht gegen Dritte, relativierte stattdessen das chinesische Außenministerium bereits am Freitag den Besuch von Xi bei Putin.
Xi besucht Putin: Kremlchef mit warmen Worten vor Treffen mit Chinas Staatschef
Nichtsdestoweniger hatte auch Wladimir Putin ein paar warme Worte für seinen Freund und Chinas Staatschef Xi vor dessen Besuch in Moskau übrig. Dabei unterstrich Russlands Präsident einmal mehr die Bedeutung der bilateralen Beziehungen beider Länder. Die russisch-chinesischen Beziehungen seien noch nie so eng gewesen wie jetzt, schrieb Putin in einem angekündigten Gastbeitrag für das chinesische Pareiorgan Renmin Ribao (Volkszeitung).
Die russische Fassung veröffentlichte der Kreml am Sonntagabend auf der eigenen Webseite. „Gemeinsam mit Gleichgesinnten treten unsere Länder folgerichtig für den Aufbau einer gerechteren multipolaren Weltordnung ein, die sich auf internationales Recht stützt, nicht auf irgendwelche „Regeln“, die nur den Interessen der „goldenen Milliarde“ dienen“, ließ Putin. Bei der „goldenen Milliarde“ handelt es sich um die reichen, westlich orientierten Länder.
Putin dankt Xi vor Besuch in Moskau für „ausgewogene Haltung“ im Ukraine-Krieg
Putin warf darüber hinaus den USA vor, Russland und China eindämmen zu wollen, wobei sich der Kremlchef auch seinen Dank „für die ausgewogene Haltung Chinas zu den Ereignissen in der Ukraine, das Verständnis für deren Vorgeschichte und tatsächliche Gründe“ aussprach. Moskau begrüße die Bereitschaft Pekings, eine konstruktive Rolle bei der Beilegung des Konflikts zu spielen.
Zudem wies Putin darauf hin, dass er sich mit Xi schon etwa 40 Mal getroffen habe. Der jetzige Besuch werde allen Bereichen der Zusammenarbeit einen weiteren Impuls verleihen. Der Handel zwischen Russland und China werde schon in diesem Jahr 200 Milliarden US-Dollar (188 Milliarden Euro) übersteigen, schrieb der Kremlchef.
Putin erhält Besuch von Xi: Russlands und Chinas Staatschef treffen sich zum Gespräch unter vier Augen
Doch unabhängig von den warmen Worten werden sich die beiden Staatschefs bereits am Montagnachmittag beim Besuch von Xi bei Putin zu einem Gespräch unter vier Augen treffen. Ein Detail, welches Kreml-Berater Jurij Uschakow als zentrales Ereignis herausstellte. Dabei gehe es um die „wichtigsten, die sensibelsten Schlüsselfragen“.
Also um Gas, Öl, Taiwan, aber vor allem um die Ukraine und Pekings Friedensinitiative. Des Weiteren spekuliert der US-Thinktank Institute for the Study of War, dass hinter verschlossener Tür auch über eine mögliche Umgehung der westlichen Sanktionen diskutiert werde.
Treffen zwischen Putin und Xi: Chinas „Friedensplan“ für den Ukraine-Krieg spielt wohl zentrale Rolle
Wenig Aufmerksamkeit werden die beiden Staatschefs beim Besuch von Xi bei Putin wohl dem erlassenen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof gegen den russischen Machthaber schenken. Schließlich erkennt China ebenso wie Russland die Gerichtsbarkeit in Den Haag nicht an. Das Thema Ukraine-Krieg hingegen wird wohl eine zentrale Rolle beim Treffen zwischen Putin und Xi spielen.
Zwar hatte sich China zuletzt für Verhandlungen und Waffenstillstand ausgesprochen, während Russland sich wenigstens nach außen für einen Friedensplan offen zeigt. Klar ist aber auch, dass Moskau sich von seinen Kriegszielen nicht verabschiedet hat und weiterhin einen militärischen Sieg erringen will. Auch wenn ein Nato-Beamter keine Chance für Russland im Ukraine-Krieg sieht.
Offen bleibt jedoch, ob und wie Xi Jinping seinen Einfluss auf Putin zur Friedensvermittlung nutzen wird. Der 69-Jährige hatte auch vor atomaren Drohungen gewarnt. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatte zudem Chinas führender Außenpolitiker Wang Yi einen 12-Punkte-Plan als Friedensinitiative zur „politischen Lösung der Ukraine-Krise“ vorgestellt, der in Europa jedoch vor allem auf Enttäuschung stieß.
Putin trifft sich mit Xi: Verhandlungen zwischen Russland und China sollten „mächtigen Impuls“ geben
Der Staatsbesuch von Xi bei Putin sei das „wichtigste Ereignis“ in der russisch-chinesischen Partnerschaft, sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow weiter. Die Verhandlungen sollten den Beziehungen beider Länder einen „mächtigen Impuls“ geben – nicht nur für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Unterzeichnung von Dokumenten zum Ausbau einer „allumfassenden Partnerschaft“ und der „strategischen Zusammenarbeit“ sei geplant.
Das rohstoffhungrige China setzt auf Öl und Gas zum kleinen Preis aus Russland, während Moskau wiederum unter dem Druck der westlichen Sanktionen auf wirtschaftliche Hilfe aus Peking hofft. Im Fokus stehen da vor allem die Lieferungen von Mikrochips und anderen technologischen Bauteilen sowie technische Ausrüstung.
Besuch von Xi bei Putin: Militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und China ebenfalls Thema
Nach Berichten über Munitions- und Waffenmangel im Ukraine-Krieg dürfte Russland auch hier auf China zählen. „Die Problematik der militär-technischen Zusammenarbeit wird zweifellos erörtert werden“, sagte Uschakow am Freitag, als der Staatsbesuch von Xi bei Putin angekündigt wurde. Zu den Gesprächen sei unter anderem auch Verteidigungsminister Sergej Schoigu geladen.
Besuch bei Putin: Balanceakt für Chinas Staatschef Xi Jinping – „Reise des Friedens, der Freundschaft“
Für Xi Jinping gilt der Besuch bei Putin als ein Balanceakt. Der Haftbefehl des Weltstrafgerichts gegen Putin ist aus Sicht vieler Kommentatoren nicht zuletzt ein Signal an China, sich nicht mit einem mutmaßlichen Kriegsverbrecher einzulassen. Dagegen haben Chinas Staatsmedien ihr Urteil längst gefällt: Xi Jinpings Moskau-Besuch wird eine „Reise des Friedens, der Freundschaft und der Zusammenarbeit“.

Doch für Xi Jinping wird die Reise nach Moskau vor allem ein diplomatischer Drahtseilakt: Denn einerseits versucht die Staatsführung, China in Europa als neutrale Friedensnation zu präsentieren, die zwar gegen Sanktionen ist, aber sich trotzdem nach außen daran hält. Andererseits hat China den Krieg in der Ukraine nie verurteilt. „Die chinesisch-russische Zusammenarbeit ist völlig korrekt und soll frei von Einmischungen oder Zwang durch Dritte sein“, schrieb Außenamtssprecherin Hua Chunying bei Twitter.
Vor Xis Besuch bei Putin: China unterstützt Russland mit „zivilen“ Jagdgewehren
Zugleich hat das Nachrichtenportal Politico am Donnerstag einen Bericht unter Berufung auf Zolldaten veröffentlicht: Demnach sollen chinesische Firmen im Jahr 2022 mehrfach Waffen nach Russland geliefert haben, darunter Tausend Sturmgewehre, die von China als „zivile“ Jagdgewehre deklariert worden seien. Zudem sollen chinesische Ersatzteile für Kampfdrohnen und mehr als zwölf Tonnen Schutzausrüstung - teils über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate - nach Russland gelangt sein.
Eine offene Zusage Chinas für die Lieferung von Waffen und Munition an Russland wäre aus Sicht vieler Beobachter ein Triumph für Putin bei den Verhandlungen. Für Peking könnte der Preis sehr hoch sein, dann selbst unter Sanktionen des Westens zu fallen.
Putin empfängt Xi: China als Nutznießer im Ukraine-Krieg – Peking will Kollaps des Kreml vermeiden
Russland und Wladimir Putin geht es mehr denn je darum, wenigstens verbaler Ebene Erfolge zu verzeichnen. China will ebenfalls seine globale Stärke unter Beweis stellen, zugleich aber seine Beziehungen zu Westeuropa nicht gefährden, sondern sein Verhältnis vielmehr verbessern, in dem es unter anderem seinen „Friedensplan“ für die Ukraine in die Tat umsetzt. Peking gilt politisch als Hauptnutznießer des Konflikts, der einen Großteil der US-Ressourcen bindet und Russland von China abhängiger macht.

In russischen Fachkreisen macht sich allerdings ein gewisses Unbehagen über die eigene Position breit. „China kämpft in der Ukraine bis zum letzten Russen“, räsoniert ein Historiker. Der Politologe Alexander Gabujew erläuterte hingegen bei der BBC, den Chinesen sei wichtig, dass der Ukraine-Krieg nicht zum Kollaps des Regimes in Russland führt und es zur Bildung einer prowestlichen Regierung in Moskau kommt.
Am Ende wird sich erst zeigen, ob es angesichts der Lage zu einem russischen Kniefall kommt oder doch zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen China und Russland auf Augenhöhe. Spannend wird ebenfalls zu beobachten sein, ob die Freundschaft, die Putin und Xi zweifellos verbindet, eine Rolle bei den Verhandlungen spielen wird oder sich doch das alt bewährte Zitat durchsetzt, das zumeist Charles de Gaulle zugesprochen wird: „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“ (dpa/afp/mst/vbu)