Stern-TV-Reporter wird Mitglied der AfD - doch von einer Sache will er nichts hören

Der Journalist Hinrich Lührssen ist vielen Zuschauern von Stern TV oder Radio Bremen bekannt für seine satirisch-leichten Beiträge. In Zukunft wird er auch durch politisches Engagement von sich Reden machen - bei der AfD.
Bremen - AfD-Anhänger als auch -Mitglieder sind bekannt dafür, Medien häufig als „Lügenpresse“ zu bezeichnen und ihnen ihre Objektivität abzusprechen. Ein Vertreter der sogenannten „Lügenpresse“ scheint der Partei allerdings höchst willkommen zu sein. Die Rede ist von Hinrich Lührssen.
Bei „Stern TV“ und dem öffentlich-rechtlichen Sender Radio Bremen ("Buten un Binnen") arbeitet er als freier Journalist. Privat engagiert er sich bei der Bremer Alternative für Deutschland, die als rechtspopulistisch gilt. Von dieser wurde er kürzlich sogar zum Parteifunktionär in den Vorstand gewählt.
AfD-Mann Lührssen ist gegen Extremismus
Lührssen sei allerdings gegen Extremismus, den manche Parteikollegen praktizieren, wie er gegenüber dem Meedia-Magazin betonte. „Ich persönlich finde es seltsam, dass kaum ein Kollege sich mit der Tatsache befasst, dass es innerhalb der Linken drei Organisationen (Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum, Cuba Si) gibt, die vom Verfassungsschutz nicht nur beobachtet, sondern eindeutig als linksextremistisch eingestuft werden. Ich jedenfalls bin gegen jeden Extremismus.“
Dass einige Bremer Parteifunktionäre der AfD Medienberichten zufolge Verbindungen zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ haben, scheint für ihn dabei keinen Widerspruch darzustellen.
Lührssen: Ausschließlich private Medien können Rückschritt für Demokratie sein
In einem Punkt widerspricht Lührssen allerdings der AfD deutlich. Diese spricht sich mehrheitlich gegen die Arbeit von öffentlich-rechtlichen Sendern aus und will das System am liebsten grundlegend ändern. Gegenüber Meedia betont der Journalist allerdings, dass öffentlich-rechtliche Sender seiner Meinung nach unersetzbar seien. „Eine Berichterstattung, die sich ausschließlich an private Profit-Interessen orientiert, wäre für die Demokratie auf Dauer ein deutlicher Rückschritt“, sagt er.
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Aus diesem Grund will er sich in seiner Tätigkeit als AfD-Mitglied auch besonders für die Erhaltung von öffentlich-rechtlichen Sendern, mit Hilfe von Gebührenfinanzierung, einsetzten. Ein erstaunliches Ziel, angesichts der Tatsache, dass einige AfD-Politiker genau diese gerne abschaffen würden und in Brandenburg dafür sogar extra einen Verein gegründet haben.
Gegenüber dem Meedia-Magazin begründet Lührssen seine Entscheidung, der AfD beizutreten, damit, dass Bremen eine starke konservative Kraft brauche, die auf die Sorgen der Bewohner endlich eingehe. Die AfD selbst betonte in einem Facebook-Post, dass sie eine demokratisch gewählte Partei sei, die man behandeln müsse, wie jede andere Partei auch.
AfD-Mitglied? Öffentlich-Rechtlicher Radiosender reagiert
Dennoch sorgt seine Entscheidung für heftige Diskussionen. Der Radiosender RB reagierte nach Bekanntwerden des politischen Engagements seines Mitarbeiters mit einer gewissen Besorgnis. Chefredakteurin Andrea Schafarczyk sagte, man werde sich bald mit Lührssen zusammensetzen und besprechen, was er vorhabe. Sie betonte außerdem, der Sender vertrete Werte wie Unabhängigkeit und Vielfalt. „Jeder Mitarbeiter, der hier arbeitet, ist diesen Werten verpflichtet“, sagt die Chefredakteurin. Außerdem wolle der Sender darauf achten, dass sich Lührssens parteipolitisches Engagement nicht mit seiner Tätigkeit bei dem Radiosender vermische. Dabei sei hilfreich, dass Lührssen nicht in der politischen Berichterstattung eingesetzt wird, sondern in der leichten Unterhaltung.
Bekannt ist Lührssen den Zuschauern vor allem durch seine satirischen Beiträge über lustige Begebenheiten. Auf diese werden die Zuschauer allerdings für eine Weile verzichten müssen. Wie ein Radio-Bremen-Sprecher der taz-Ausgabe Bremen berichtet, soll Lührssen während des Bürgerschaftswahlkampfes 2019 „nicht programmpräsent“ sein.
lw
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