Update vom 30. Juni, 11 Uhr: Die russische Armee hat sich nach eigenen Angaben von der ukrainischen Schlangeninsel zurückgezogen. Die auf der Insel im Schwarzen Meer stationierten Soldaten seien als eine „Geste des guten Willens“ abgezogen worden, teilte Moskau mit. Dies solle der Ukraine die Ausfuhr von Getreide ermöglichen. Zuvor hatte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben die Schlangeninsel erneut angegriffen. Dabei sei ein Kurzstrecken-Flugabwehrsystem des Typs Panzir-S1 zerstört worden, teilte das Kommando Süd mit. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Update vom 30. Juni, 9.39 Uhr: Lyssytschansk bleibt Hauptkriegsort der schweren Kämpfe im Donbass. Die strategisch wichtige Stadt im Osten der Ukraine ist die letzte, die noch von ukrainischen Streitkräften kontrolliert wird. Russische Soldaten sind jedoch bis an den Stadtrand vorgerückt.
Im Bericht des ukrainischen Generalstabs war die Rede von einer Blockade Lyssytschansks, die der Feind mit Unterstützung der Artillerie versuche. Demnach toben Angriffe an Siedlungen im Westen sowie rund um die Ölraffinerie. Laut dem Vertreter der Luhansker Separatisten in Moskau soll das Gebiet rund um das Werk „unter eigener Kontrolle“ sein. Rodion Miroschnik schrieb dies bei Telegram.
Die Ukraine beschuldigt zudem russische Truppen, zivile Infrastruktur unter Beschuss genommen zu haben. Das lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Kämpfe wurden auch nordöstlich von Bachmut gemeldet, das westlich von Lyssytschansk liegt. Hier versuchten russische Truppen weiter eine wichtige Straße zwischen den Städten zu kontrollieren.
Update vom 30. Juni, 9.10 Uhr: Trotz westlicher Waffenlieferungen bleibt die Lage ukrainischer Truppen in den schwer umkämpften Gebieten im Osten des Landes nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj extrem schwierig. „Wir unternehmen alles, um unser Militär mit modernen Artilleriesystemen auszustatten und den Besatzern angemessen zu antworten“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.
Das russische Militär setzt im Industriegebiet Donbass auf massiven Artilleriebeschuss, um ukrainische Stellungen zu schwächen. Die ukrainische Artillerie ist trotz einiger eintreffender moderner Geschütze aus dem Westen unterlegen. Aktuell wird um die Stadt Lyssytschansk gekämpft, aus dem benachbarten Sjewjerodonezk zogen sich die ukrainischen Truppen zurück. Der bisherige Druck auf Russland reiche nicht aus, sagte Selenskyj und verwies darauf, dass allein am Mittwoch zehn russische Raketen auf die ukrainische Stadt Mikolajiw abgefeuert worden seien. „Und alle waren auf zivile Ziele gerichtet“, sagte er.
Update vom 30. Juni, 6.59 Uhr: Mehr als vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges behauptete Putin erneut, die Kampfhandlungen liefen planmäßig. „Die Arbeit läuft ruhig, rhythmisch, die Truppen bewegen sich und erreichen die Linien, die ihnen als Etappenziele vorgegeben wurden“, sagte er vor Journalisten in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. „Alles läuft nach Plan.“ Der Krieg wird von Russland offiziell als „Spezialoperation“ bezeichnet.
Russische Truppen waren am 24. Februar aus mehreren Richtungen in die Ukraine eingedrungen. Nachdem es ihnen nicht gelang, die Hauptstadt Kiew zu erreichen, konzentrieren sie sich auf das Industriegebiet Donbass in der Ostukraine. Nach Einschätzung westlicher Experten rückt das russische Militär zwar vor, erleidet dabei aber hohe Verluste und verbraucht in hohem Tempo seine Artillerie-Munition.
Update vom 29. Juni, 21.30 Uhr: Nach neuesten Daten mussten im Krieg mit Russland 6,3 Millionen Menschen in andere Gegenden der Ukraine fliehen. Weitere 5 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer waren anfangs geflüchtet, sind inzwischen aber wieder in ihre jeweiligen Heimatregionen zurückgekehrt.
Update vom 29. Juni, 20.55 Uhr: Die Fernstraße T1302 zwischen Lyssytschansk und Bachmut ist offenbar weiter heftig umkämpft. Das erklärt der ukrainische Generalstab in einem Lagebericht.
Russische Truppen würden demnach versuchen, Lyssytschansk vollständig einzukesseln. Im Dorf Verkhnyokamyanka westlich der Großstadt mit ihren knapp 100.000 Einwohnern sei es jedoch gelungen, die Angreifer zurückzuschlagen, heißt es aus Kiew. Russische Einheiten hätten demnach auch erfolglos versucht, über das Dorf Spirne in Richtung der Stadt Bachmut im Oblast Donezk vorzudringen. Lyssytschansk ist die letzte Stellung der ukrainischen Armee in der Region Luhansk.
Update vom 29. Juni, 19.50 Uhr: Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, setzen die russischen Invasionstruppen ihre Angriffe vor allem südlich und südwestlich von Lyssytschansk fort. Die Stadt mit vormals 100.000 Einwohnern sei zu großen Teilen umstellt.
Laut prorussischen Separatisten ziehen sich die ukrainischen Streitkräfte aus der Stadt zurückzuziehen. Lyssytschansk ist die letzte Stadt in der Oblast Luhansk, die noch nicht besetzt wurde. Erst kürzlich fiel die benachbarte Stadt Sewerodonezk nach wochenlangen erbitterten Kämpfen. Am Mittwoch wurden auch Gefechte aus der Nähe von Isjum und bei Charkiw im Nordosten der Ukraine gemeldet. Hier konnte die ukrainische Armee die Angreifer zuletzt wiederholt zurückschlagen.
Update vom 29. Juni, 18.50 Uhr: Die ukrainische Armee und die russische Seite haben nach eigenen Angaben insgesamt knapp 300 Gefangene ausgetauscht. Das ukrainische Verteidigungsministerium in Kiew berichtete am Mittwochabend von 144 ukrainischen Soldaten, die wieder frei seien. Es handele sich um den größten Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn vor mehr als vier Monaten. Der Separatistenführer Denis Puschilin wiederum sprach von ebenfalls 144 prorussischen und russischen Kämpfern, die aus ukrainischer Gefangenschaft entlassen worden seien.
Unter den freigelassenen ukrainischen Soldaten sind nach Angaben aus Kiew auch 95 Kämpfer, die bis vor einigen Wochen das schwer umkämpfte Stahlwerk Asowstal in der mittlerweile von den Russen eroberten Hafenstadt Mariupol verteidigten. Wiederum 43 von ihnen sollen dem Regiment Asow angehören.
Update vom 29. Juni, 17.05 Uhr: Während die ukrainischen Verteidiger im Osten des Landes russischen Berichten zufolge weiter hohe Verluste erleiden (siehe vorheriges Update), haben die Vereinten Nationen der russischen Armee eine völkerrechtswidrige Kriegsführung vorgeworfen. Die ukrainischen Streitkräfte schienen das humanitäre Völkerrecht „in weitaus geringerem Umfang“ gebrochen zu haben, sagte Matilda Bogner, Leiterin der UN-Menschenrechtskommission in der Ukraine, am Mittwoch in Kiew.
Völkerrechtswidrig würden dicht besiedelte Gebiete mit schwerer Artillerie und Mehrfachraketenwerfern beschossen sowie durch Flugzeuge und Raketen aus der Luft angegriffen. „Dabei wurde auch mehrfach Streumunition eingesetzt“, sagte Bogner.
Beunruhigend seien sogenannte extralegale Tötungen durch die russische Armee in mehr als 30 Orten in den Gebieten Kiew, Tschernihiw, Sumy und Charkiw im Februar und März, so Bogner. Allein in Butscha bei Kiew seien mindestens 50 Zivilisten rechtswidrig getötet worden.
Zudem seien in 248 Fällen Behördenvertreter, Journalisten, Aktivisten und andere Zivilisten von den russischen Kräften willkürlich festgenommen worden oder verschwunden, sagte sie. Acht davon seien tot aufgefunden worden. Es seien auch zwölf Fälle von verschwundenen Menschen dokumentiert, die vorher ins Visier ukrainischer Sicherheitskräfte geraten waren.
Update vom 29. Juni, 12.48 Uhr: Bei den Kämpfen an einer Ölraffinerie in Lyssytschansk in der Ostukraine haben regierungstreue ukrainische Truppen deutliche Verluste erlitten: Von den 350 Mann einer Gebirgsjägerbrigade seien lediglich noch 30 Soldaten am Leben geblieben. So teilte es das russische Verteidigungsministerium nun mit. Unabhängig prüfen ließen sich die Angaben zunächst nicht.
Außerdem seien in der Nähe von Pytomnyk im Charkiwer Gebiet 100 Kämpfer getötet und Militärtechnik vernichtet worden. Zudem sei eine Ausbildungsbasis für ausländische Söldner nahe Mykolajiw in der Südukraine sowie vier Kommandoposten zerstört worden. Größere Geländegewinne vermeldete Moskau nicht.
Erstmeldung vom 29. Juni: Kiew/London - Wolodymyr Selenskyj sieht den blutigen Angriff auf das Einkaufszentrum in Krementschuk als Teil einer Gesamtstrategie Moskaus. Ziel seien zivile Objekte, sagte der ukrainische Präsident in seiner täglichen Videoansprache. Im Fall Krementschuk urteilt der britische Geheimdienst aber anders.
Der Raketenangriff mit mindestens 20 Toten könnte ein Versehen gewesen sein, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Es sei durchaus realistisch, dass die Attacke am 27. Juni ein nahe gelegenes Infrastrukturziel habe treffen sollen.
Moskaus Angriffe mit Langstreckenraketen seien auch schon in der Vergangenheit ungenau gewesen, was zu einer hohen Zahl an zivilen Opfern geführt habe - etwa beim Beschuss des Bahnhofs in der Stadt Kramatorsk im April. Moskau sei bereit, „hohe Kollateralschäden“ in Kauf zu nehmen. Da Russland einen Mangel an moderneren Präzisionswaffen und deutliche Schwächen bei der Planung seiner Ziele habe, müsse man durch weitere Angriffe mit weiteren zivilen Opfern rechnen, hieß es weiter.
Üblicherweise teilt London mit scharfen Worten gegen Russland unter Kremlchef Wladimir Putin aus. In einer überraschenden Botschaft vor dem UN-Sicherheitsrat hatte Selenskyj Moskau „Terrorismus“ vor allem gegen ukrainische Zivilisten vorgeworfen. Moskau hatte einen gezielten Beschuss des Einkaufszentrums abgestritten.
Derweil gehen die Kämpfe in der Ostukraine mit unverminderter Härte weiter. In der Großstadt Dnipro wurden zwei Leichen gefunden: Unter den Trümmern eines von einer feindlichen Rakete zerstörten Unternehmens hätten Retter zwei Tote entdeckt - einen Mann und eine Frau, teilte der Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk auf Telegram mit. Die Raketen hätten ein friedliches Unternehmen getroffen, das nichts mit dem Militär zu tun habe. In Medienberichten war von einer Autowerkstatt die Rede. Vertreter Russlands betonen, nur militärische Ziele anzugreifen.
Schwer umkämpft ist auch eine wichtige Versorgungsstraße für Lyssytschansk. Die Großstadt werde dabei ständig mit Mörsern und anderer Artillerie beschossen, teilte der Generalstab mit. Vertreter der prorussischen Separatisten berichteten von Kämpfen bereits im Stadtgebiet. (AFP/dpa/frs)