Heuschnupfen: So funktioniert die Allergie-Impfung

Heuschnupfen und Winter? Haben mehr gemeinsam als man denkt! Wer jetzt mit der Allergie-Impfung anfängt, der hat gute Chancen, sich gegen die unliebsamen Pollen zu wappnen. Doch wie geht das genau? Und: Gilt das auch für andere Allergie-Leiden? Ein Gespräch mit Experte Dr. Juri Gewitsch.
Heuschnupfen und Winter? Haben mehr gemeinsam als man denkt! Wer jetzt mit der Allergie-Impfung anfängt, der hat gute Chancen, sich gegen die unliebsamen Pollen zu wappnen. Doch wie geht das genau? Und: Gilt das auch für andere Allergie-Leiden? Ein Gespräch mit Experte Dr. Juri Gewitsch.
Was genau bedeutet Hyposensibilisierung?
Das ist letztlich eine Allergie-Impfung: Allergikern wird wiederholt ein Allergen, also das allergieauslösende Eiweiß, unter die Haut gespritzt, um die Verträglichkeit dauerhaft zu verbessern. Ärzte sprechen dabei von einer subkutanen Therapie, abgekürzt SCIT. Eine solche Hyposensibilisierung macht insbesondere bei Pollen- oder Hausstaubmilbenallergien Sinn – vor allem dann, wenn diese Allergien mit starken Symptomen einhergehen. Zudem ist sie auch hilfreich bei Insektengiftallergien. Die Voraussetzung ist dabei stets, dass die Allergie als solche eindeutig diagnostiziert wurde.
Müssen die Allergene stets gespritzt werden?
Nein, es gibt auch die sogenannte sublinguale Immuntherapie,

abgekürzt SLIT. Dabei wird das Allergen in Form von Tropfen oder Tabletten unter die Zunge eingebracht. Diese Form der Therapie ist allerdings noch nicht umfassend erforscht – ein direkter Vergleich beider Methoden mit ausreichender Patientenzahl fehlt bislang. Sichere Aussagen gibt es nur für die Gräserpollenallergie, bei der wohl ein gleichwertiger Effekt zu erwarten ist. Allerdings kann bei Patienten, bei denen die gespritzte Therapie nicht möglich ist, die SLIT eine Alternative sein.
Bei anderen Allergien gilt also: Lieber spritzen statt schlucken?
Die aktuelle Studienlage zeigt im Moment noch deutlich mehr gesicherte Indikationen bei der subkutanen als bei der sublingualen Therapie. Daher gilt aktuell: Wird gespritzt, sind die Erfolgsaussichten größer. In der Zukunft kann sich das aber noch ändern.
Wie aufwändig ist denn eine solche Therapie überhaupt?
Die subkutane Therapie, also die Spritzen-Therapie, muss definitiv in der Praxis eines Arztes erfolgen – und der Patient muss danach zur Überwachung 30 Minuten in der Praxis bleiben. Die Abstände sind anfangs wöchentlich, werden mit zunehmender Dauer aber deutlich länger, man muss dann nur noch alle vier bis acht Woche kommen.
Und bei der „Schluck-Impfung“?
Bei der sublingualen Therapie kann die Therapie in der Regel zu Hause durchgeführt werden – muss aber täglich erfolgen. Nur die Ersteinnahme erfolgt in der Praxis. Beide Therapien werden in der Regel drei Jahre durchgeführt, für die Spitzen-Therapie gibt es aber auch eine verkürzte, saisonale Variante.
Das gilt dann zum Beispiel für Heuschnupfen?
Ja. Für die Pollen-Hyposensibilisierung ist sicher der Winter sinnvoll. Wer jetzt startet, macht nichts falsch. Aber natürlich ist auch zu anderen Zeiten der Beginn möglich.
Ist man Heuschnupfen frei, wenn man noch in dieser Woche mit der Therapie anfängt?
Ob das im Einzelfall als alleinige Maßnahme reicht, kann man nicht sicher vorhersagen. Die Wirksamkeit liegt nicht bei 100 Prozent. Die Symptome werden aber deutlich reduziert, ebenso die Menge der Bedarfsmedikamente. Auch eine grundsätzliche Verschlechterung der Allergiesymptome ist mir nicht bekannt. Wenn am Starttag starke Heuschnupfensymptome bestehen, sollte man sich gedulden. Und sollten sie im Lauf der Therapie auftreten, dann erst mal besser mit der Hyposensibilisierung pausieren.
Kann die Therapie gefährlich werden?
Ja, es kann im schlimmsten Fall tatsächlich zu einem lebensgefährlichen allergischen Schock kommen, daher auch die Überwachungszeit.
Angenommen die Therapie schlägt gut an – wie lange bleibt man tatsächlich allergiefrei?
Das kann nicht pauschal beantwortet werden. Aber: Für die Spritzen-Therapie gibt es Studien, die eine Wirksamkeit von sieben bis zwölf Jahren zeigen konnten. In dieser Zeit kam es zu keinen Neusensibilierungen oder zum Asthma, was eine Folge von Heuschnupfen sein kann, der über viele Jahre auftritt. Bei der sublingualen Therapie, der „Schluck-Impfung“, sind die Daten bislang uneinheitlich, hier lassen sich solche Aussagen noch nicht treffen.
Unser Allergie-Experte
Dr. Juri Gewitsch hat eine Hausarzt-Praxis in Planegg bei München. Er sagt: „Für die Spritzen-Therapie gibt es Studien, die eine Wirksamkeit von sieben bis zwölf Jahren zeigen konnten.“ Gewitsch ist zudem spezialisiert auf Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Notfall- und Reisemedizin.
Interview: Barbara Nazarewska
Mehr Informationen: Wer sich hyposensibilisieren lassen möchte, fragt am besten bei seinem Hausarzt nach, wie er/sie einen geeigneten Allergologen findet.
Allergien in Deutschland
Unter Allergie versteht man eine verstärkte Abwehrreaktion des Körpers gegenüber an sich harmlosen Substanzen. Es werden Krankheitssymtome ausgelöst.
Die häufigsten Allergien ( Anteil der betroffenen Bevölkerung in Prozent):
Heuschnupfen | 30 Prozent |
Allergisches Asthma | 15 Prozent |
Kontaktallergie | 10 Prozent |
Neurodermitis | 5 Prozent |
Nahrungsmittelallergie | 5 Prozent |
Insektengiftallergie | 4 Prozent |