Köllner: Als Hotzenplotz in die heiße Phase - „Können noch Großes schaffen“

Es ist wieder so weit – und inzwischen unübersehbar. Im Gesicht von Michael Köllner sprießt es. Graue und weiße Stoppeln umspielen seine Kinnpartie.
München – An den Seiten ist der Bewuchs unregelmäßig, aber der 1860-Coach fängt erst an mit seinem Playoffbart 2.0. In der Presserunde am Dienstag machte er ein Geheimnis aus seinem Aberglauben. „Schau’ mer mal“, sagte Köllner auf Nachfrage – und grinste.
Nur eine Sache bestätigte er: Letztmals habe er nach der Totopokal-Pleite in Aubstadt zum Rasierer gegriffen.
TSV 1860: Michael Köllner glaubt an Aufstieg
Räuber Hotzenplotz reloaded also. Petra Freitag, Köllners Lebensgefährtin, wird sehr tapfer sein müssen bis zum letzten Saisonspiel am 14. Mai. Bart-Initialzündung war vor einem Jahr eine 0:1-Pleite in Duisburg, die Köllner nachhaltig verstimmte – und dafür sorgte, dass in der Folge Stoppeln und Punktekonto im Gleichschritt wuchsen (elf Spiele ohne Niederlage). Am Ende reichte es ganz knapp nicht für die Relegation. Und dieses Mal? Wird es dieses Jahr ein Aufstiegsbart?
Der Optimismus beim Trainer ist jedenfalls ungebrochen, das bittere 1:1 gegen Saarbrücken kein Grund für ihn, das neue (alte) Saisonziel zu verwerfen. Köllners Rechnung geht so: „Mit einem Schnitt von zwei Punkten pro Spiel steigst du hundertprozentig auf. Wir haben seit dem Dortmund-Spiel einen Schnitt von 2,1, spielen seit Monaten extrem konstant. Wir brauchen weiterhin diesen Schnitt, vielleicht sogar einen noch besseren, aber das ist doch das Schöne: Wir können noch Großes schaffen in dieser Saison – und daran arbeiten wir hartnäckig.“
TSV 1860: Nächster Stopp Freiburg
Köllners Hoffnung für den Endspurt ist zum einen das dichte Feld an der Tabellenspitze – und zum anderen die Wehrhaftigkeit jener Clubs, die in ihrer Drittligazugehörigkeit bedroht sind. Der Sieg von Viktoria Berlin gegen Tabellenführer Magdeburg am Montag sei das beste Beispiel dafür. „Die hinteren Mannschaften brauchen auch dringend Punkte“, sagt er und interpretiert die Tabelle auf seine Weise: „Wir sind punktgleich mit Mannheim, die jeder zum Kreis der Aufstiegsteams dazurechnet. Saarbrücken liegt einen Punkt vor uns, und da sagt jeder: Ihr seid’s ja super im Rennen! Wir brauchen Siege, keine Frage, die braucht aber auch Braunschweig, die ein Spiel mehr haben als wir.“ Köllner weiß: „Wir haben das Ding nicht mehr in der eigenen Hand, aber ich glaube, dass wir gegen Saarbrücken eine beeindruckende Leistung gezeigt haben.“ Ohne Hiller, Steinhart und Salger – dafür mit bärenstarken Junglöwen (Greilinger, Morgalla). Und vor allem: mit ganz viel Biss und Leidenschaft.

Geht es nach Köllner, kann es so weitergehen, wobei er kritisch anmerkt: „Perfekt war’s nicht, weil sonst hätten wir gewonnen. Trotz aller Schiri-Schelte: Wir müssen einfach mehr Tore schießen – auf der anderen Seite unser Tor besser verteidigen. Wenn wir so trainieren wie in der Woche davor und die Spieler sich ihre Hartnäckigkeit bewahren, dann haben wir eine gute Chance, am Sonntag in Freiburg zu gewinnen.“ Und danach gegen Osnabrück, Havelse, Duisburg, Magdeburg und Dortmund . . .
TSV 1860: Blick geht nach vorne
Köllners größte Sorge in der heißen Phase der Saison: Dass die Regelhüter wie am Samstag im Zweifel gegen sein Team entscheiden – „weil im Unterbewusstsein vielleicht irgendwo verankert ist: 1860 wurde mit dem Türkgücü-Aus etwas begünstigt. Ich hoffe, dass wir objektiv bewertet werden und nicht Opfer einer Entscheidung werden, wo man vielleicht das Gefühl hat, etwas ausgleichen zu müssen.“
Ansonsten möchte sich der 1860-Coach nicht mehr groß mit den unglücklichen Entscheidungen vom Samstag aufhalten: „Ich habe gelesen, dass es zwei Elfmeter geben muss – dass das 1:1 aber regulär war. Grundsätzlich beschäftige ich mich aber nicht gerne mit so etwas, denn das trägt nicht dazu bei, mein inneres seelisches Gleichgewicht zu finden.“ Dann schon lieber Playoffbart – und der (Aber-)Glaube, dass die Zeit der schlechten Spiele seit Aubstadt vorbei ist. (Uli Kellner) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA