Oettinger: EU-Gelder nur bei gewünschtem Wirtschaftskurs

Günther Oettinger hat eine heikle Forderung: EU-Gelder soll es nur noch für Länder geben, die den gewünschten Wirtschaftskurs fahren - Rechtsstaatlichkeit scheint weniger wichtig.
Brüssel - EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat sich dafür ausgesprochen, die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung von wirtschafts- und finanzpolitischen Zielen zu knüpfen. Die sogenannten länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission könnten künftig "Blaupause für die Abrufung von europäischen Investitionsprogrammen werden", sagte Oettinger am Mittwoch in Brüssel. Bei Forderungen, auch die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zur Bedingung für die Auszahlung von EU-Finanzmitteln zu machen, legte sich Oettinger dagegen nicht fest.
Finanzierungslücke von 20 Milliarden Euro
Oettinger und die für Regionalpolitik zuständige Kommissarin Corinna Cretu stellten am Mittwoch ein Diskussionspapier zur Zukunft der EU-Finanzen vor. Oettinger zufolge droht der EU durch den Brexit und neue Aufgaben etwa bei Sicherheit und Verteidigung eine Finanzierungslücke von rund 20 Milliarden Euro pro Jahr. Diese sollte aus seiner Sicht durch einen "Mix aus Kürzungen, Umschichtungen, Einsparungen und etwas neuem Geld" geschlossen werden.
Angesichts von Kritik an der Entwicklung von Ländern wie Polen oder Ungarn bei Demokratie, Unabhängigkeit der Justiz oder Medienfreiheit hatte es in den vergangenen Monaten verstärkt Forderungen gegeben, EU-Mittel an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zu knüpfen. Oettinger sagte dazu, diese Frage sei an die Kommission herangetragen worden. Die Behörde arbeite hier aber noch "völlig ergebnisoffen“.
Einführung eher unwahrscheinlich
Da der EU-Haushalt von den Mitgliedstaaten einstimmig verabschiedet werden müsste, gilt die Einführung solch politisch brisanter Bedingungen als äußerst schwierig. Ähnliches dürfte für die Knüpfung an die Flüchtlingsaufnahme gelten, die mehrere osteuropäische Staaten ablehnen.
Die EU-Kommission analysiert jedes Jahr die haushaltspolitischen, wirtschaftlichen und strukturellen Reformen der Mitgliedstaaten. Sie gibt den EU-Ländern daraufhin länderspezifische Empfehlungen für die kommenden 12 bis 18 Monate. Sie müssen durch den Rat der EU-Finanzminister gebilligt werden.
AFP